Pressetext – Control- Künstlerworkshop 2014 ArToll, Bedburg-Hau

Am Sonntag ist bei ArToll die Präsentation des Projektes„Control” zu sehen. Vielleicht bilden „Kunst” und „Kontrolle” irgendwie ein Paar. Vielleicht geht das eine nicht ohne das andere. Vielleicht muss manches, um zu existieren, kontrolliert werden und vielleicht wird manches erst durch Kontrolle verhindert.
Derzeit befassen sich im ArToll Kunstlabor neun Künstler aus Deutschland, England, Holland und den USA mit dem Thema Kontrolle („Control”).

(…) Die Interpretation des Themas „Control” ist vielschichtig und reicht vom Akt des Kontrollierens als Bestandteil der Entstehung von Kunst bis hin zu jener Kontrolle, an die man denkt, wenn Buchstaben als Tryptichon auftreten und schalen Nachgeschmack produzieren: BND, NSA
Der deutsche Künstler Markus Nilling hat beim Ramsch 99 Festplatten gekauft und dann nach alten Daten gesucht.Was er fand sind nicht die großen Geheimnisse der Weltpoltitik – es sind die Intimitäten des Gewöhnlichen.
Sätze wie „Ich habe schließlich nichts zu verbergen” sind schnell gesagt und manchmal nicht zu Ende gedacht, denn plötzlich -das zeigt Nillings Versuchsanordnung – plötzlich ist man zum Teil einer Ausstellung geworden, von der man nicht einmal etwas weiß. Plötzlich werden ursprünglich privat gedachte Gesichter zu einer Art Public Domain: Es entsteht, im Gegensatz zum mehr oder weniger bewussten Posting-Wahnsinn, eine ungeplante Öffentlichkeit.
Ein Sarg in einer Leichenhalle. Daneben, auf einem Post-it-Zettel, die Bemerkung: Fall abgeschlossen, File closed. Mit einem lautlosen Schlag entsteht eine schreckenseinflößende Offenlegung, die zeigt, wie durchsichtig ein Menschenleben und selbst ein Menschentod längst geworden sind. Was die Installation schmerzhaft verdeutlicht, ist das Ausgeliefertsein durch das Sich-Anvertrauen an den „Kollegen Computer”, der nichts vergisst und zur seelenlosen Erinnerungsmaschine wird. Wer einen Computer verschrottet, achtet oft nicht darauf, dass er sein Leben für andere abrufbar macht, indem er es „verdatet” auf den Schrott wirft. Was Nilling mit Mitteln der Kunst zeigt, ist eine Schutzlosigkeit, die weit außerhalb der Kunst zu suchen ist. Aber eben hier liegt die Stärke des Schaffensprozesses und hier offenbart sich, dass Kunst viel mehr sein kann als ein Hafen des Schönen.
Heiner Frost – Niederrhein Nachrichten 31.Okt.2014